Pressekonferenz nach Cyber-Angriff: Stadtverwaltung arbeitet intensiv an Lösungen für Siegen

Bürgermeister Mues stimmt auf große Herausforderungen für lange Zeit ein: "Die Situation werden wir nur gemeinsam im 'Wir' meistern“.

"Die Cyber-Attacke vom 29./30.10. auf unseren IT-Dienstleister Südwestfalen-IT (S-IT) und die damit verbundenen Folgen sind für unsere Stadt eine Katastrophe. Ich verwende solche drastischen Ausdrücke ungern, hier passt er leider. Ich versichere Ihnen, dass unsere gesamte Stadtverwaltung mit Hochdruck und quasi rund um die Uhr daran arbeitet, die Dauer der Einschränkungen für die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Ziel ist, allen Bürgerinnen und Bürger so schnell wie möglich wieder den gewohnten und angemessenen Service bieten zu können.“

Mit diesen Worten leitete Siegens Bürgermeister Steffen Mues heute eine Pressekonferenz ein, in der er gemeinsam mit Stadtbaurat Henrik Schumann, Leiter des Krisenstabs, und Thomas Jung, Leiter der Berufsfeuerwehr, umfassend über den aktuellen Sachstand informierte. Zugleich stimmte er die Bevölkerung auf die nächsten Monate ein: “Wir haben einen langen, sehr langen Weg vor uns, bis die Dienstleistungen der Stadtverwaltung wieder in vollem Umfang funktionieren werden.“ Der Bürgermeister und Stadtbaurat Schumann nutzten die Pressekonferenz auch, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung für den unermüdlichen Einsatz und das Durchhaltevermögen zu danken. Beide baten die Bevölkerung mit Blick auf die massiven Einschränkungen um Geduld. ”Wir wissen, dass wir auf diese Geduld weiterhin angewiesen sind und versprechen zugleich, alles in unseren Möglichkeiten Liegende zu tun, um sie nicht überzustrapazieren.“ Es wäre nicht fair, zu behaupten, man sähe bereits jetzt “Licht am Ende des Tunnels”, aber man arbeite mit Hochdruck daran.

Auch wenn viele Fragen eigentlich durch die Geschäftsführung des kommunalen IT-Dienstleisters S-IT beantwortet werden müssten, will die Stadt Siegen versuchen, so transparent wie möglich über die Lage zu informieren. "Die Frage, wie es zu dieser Katastrophe kommen konnte, wer dafür Verantwortung trägt und welche Konsequenzen zu ziehen sind - mit diesen Fragen werden wir uns beschäftigen müssen. Aber sie helfen uns heute nicht weiter, können auch derzeit größtenteils nicht beantwortet werden - in jedem Falle ist heute kein Tag der Schuldzuweisungen. Als Bürgermeister der mit weitem Abstand größten und daher am meisten betroffenen Stadt im Verbandsgebiet will ich über die Auswirkungen informieren und darüber, was wir aktuell tun und wie es weiter geht - unsere vordringlichste Aufgabe der Daseinsvorsorge ist also zunächst - bildlich gesprochen - die Schmerzen zu lindern und dann den Patienten zu heilen“, so Bürgermeister Mues.

Vom Hacker-Angriff auf den IT-Dienstleister sind insgesamt 103 Kommunen und Kreise in Nordrhein-Westfalen - mehr oder weniger stark - betroffen. Die Kommunen und Kreise im südlichen Verbandsgebiet, also in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe, darunter auch die Universitätsstadt Siegen, sind besonders stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Nach dem kriminellen Cyber-Angriff musste die S-IT in allen Kommunen die IT-Systeme aus Sicherheitsgründen herunterfahren. Außerdem wurden weitere Sofortmaßnahmen eingeleitet. Dazu zählt die Einberufung eines täglich tagenden erweiterten Krisenstabs, bei dem die IT-Verantwortlichen aller betroffenen Kreisverwaltungen des Verbandsgebietes und der größten Kommunen dieser Kreise in einem Austausch mit der SIT und externen IT-Forensikern stehen.

Auch die Universitätsstadt Siegen hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Cyber-Attacke Sofortmaßnahmen ergriffen und ihren Stab für Außergewöhnliche Ereignisse (SAE) einberufen, der noch in der Nacht des Angriffs zusammengekommen ist und seither mindestens dreimal täglich unter der Leitung von Stadtbaurat Henrik Schumann tagt. Neben den ständigen Mitgliedern des SAE sind auch die Geschäftsbereichsleiter des Verwaltungsvorstandes der Stadt Siegen wie auch Vertreterinnen und Vertreter der Geschäftsbereiche der Stadtverwaltung Teil des Krisenstabs.

“Das oberste Ziel des SAE ist, zunächst die bürgernahen Dienstleistungen sowie eine Erreichbarkeit der Stadtverwaltung schnellstmöglich wiederherzustellen. Dafür erarbeiten wir auf Basis der tagesaktuellen Lage konstruktive Lösungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den unterschiedlichsten Bereichen der Stadtverwaltung umsetzen“, schildern Stadtbaurat Schumann und Thomas Jung die Arbeitsweise des SAE. ”Obwohl die Situation eine große Herausforderung und Belastungsprobe für uns alle ist, kommen wir gut voran. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unglaublich engagiert und voller kreativer Ideen, um zu einer schrittweisen Normalisierung der Situation beizutragen. Um die Angebote für die Bürgerinnen und Bürger mit pragmatischen, aber funktionierenden Übergangslösungen aufrechtzuerhalten ist viel Bereitschaft zur Improvisation notwendig“, erklärte Henrik Schumann.

Ein praktisches Beispiel: Wer seinen Reisepass wegen einer anstehenden Reise dringend verlängern muss, kann mit seinen Reiseunterlagen ins Bürgerbüro kommen. Dort wird der Einzelfall geprüft und gegebenenfalls eine Bescheinigung ausgestellt, mit der in der benachbarten Verbandsgemeinde Kirchen die erforderlichen Papiere ausgestellt und abgeholt werden können. Weitere priorisierte Themenfelder sind die Sicherstellung der Prozesse der Daseinsvorsorge wie Ordnung und Sicherheit, Sozialfürsorge und -leistungen und die Information der Bevölkerung. Alle erforderlichen Zahlungen können geleistet werden.

Da die Stadt Siegen nicht das Handeln der S-IT abwarten möchte, wird derzeit mit Hochdruck ein paralleles IT-Netzwerk in den Verwaltungsstandorten hochgefahren. So wurden beispielsweise mehr als 200 Laptops für die Mitarbeitenden ausgegeben und LTE-Router für eine Internetverfügbarkeit installiert, und auch die Erreichbarkeit per E-Mail wurde mit der Einrichtung von neuen Mailadressen auf die neue @siegen-stadt.de-Endung erreicht. Die aktuell von der Stadt eingesetzten Computer wurden alle neu installiert und hatten keinen Kontakt zum alten, kontaminierten Netzwerk. Dass Computer, Tablets oder Handy von Bürgerinnen und Bürgern infiziert wurden, die in den vergangenen Wochen Dienste der Stadtverwaltung genutzt haben, schließen die IT-Fachleute der Stadt aus, da die Verfahren dies technisch nicht zulassen.

"Durch das schnelle Handeln konnte sichergestellt werden, dass die Rathäuser und Verwaltungsgebäude geöffnet und die Informationsschalter der Rathäuser besetzt sind. So gibt es in den Rathäusern in Siegen, Weidenau, Geisweid und Fludersbach Anlaufstellen für Bürgerinnen und Bürger, bei denen Anliegen von den Mitarbeitenden persönlich entgegengenommen wurden“, erläutern Henrik Schumann und Thomas Jung. Die Stadtverwaltung ist ebenfalls für Bürgerfragen telefonisch (Stadtverwaltung: 0271 404-0, Ordnungsbehörde: 0271 38 799 904, Verkehrsüberwachung: 0271 38 799 745) wie elektronisch (per Mail - Zentrale E-Mail-Adresse: info@siegen-stadt.de) erreichbar. Darüber hinaus können Informationen zur Erreichbarkeit der Stadtverwaltung sowie dazu, welche Dienstleistungen verfügbar sind, unter der am 31.10.2023 eingeführten Notfall-Homepage www.siegen-stadt.de eingesehen werden. Hier sind außerdem Antworten auf häufig gestellte Fragen zu den Dienstleistungen der Stadtverwaltung Siegen sowie alle Sitzungstermine der Stadt Siegen und aktuelle Pressemitteilungen abrufbar. Die Notfallhomepage wird laufend aktualisiert. Auch über die sozialen Medien berichtet Henrik Schumann als SAE-Leiter fortlaufend über die aktuellsten Entwicklungen.

Neben all‘ den Einschränkungen für die Bevölkerung Siegens hat die Cyber-Attacke ebenfalls Auswirkungen auf die Kommunalpolitik. "Ein solcher Cyber-Angriff, wie wir ihn aktuell erleben, ist ein massiver Eingriff in die Demokratie. Trotz der herausfordernden Situation ist die Aufrechterhaltung demokratischer Prozesse natürlich ein wesentlicher Anspruch des Krisenstabs. Auch daran arbeiten wir intensiv und unterrichten regelmäßig die Fraktionsvorsitzenden über den aktuellen Stand der Lage. Ab sofort wird, erstmals am kommenden Mittwoch, der Rat der Stadt ausführlich informiert“, kündigt der Bürgermeister an und ergänzt: „Ich möchte mich an dieser Stelle dafür bedanken, dass wir als Stadtverwaltung, insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, starke Rückendeckung und viel Verständnis unserer ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und -politiker spüren.“

Für Bürgermeister Steffen Mues wie auch für Stadtbaurat Henrik Schumann ist klar: "Die Situation werden wir nur gemeinsam im ‚Wir‘ meistern, wenn Bevölkerung, Verwaltung und Kommunalpolitik im engen Schulterschluss zusammenrücken und weiter an einem Strang ziehen.“

Info-Kasten:

Die Stadtverwaltung und alle städtischen Abteilungen sind wieder telefonisch (Stadtverwaltung: 0271 404-0, Ordnungsbehörde: 0271 38 799 904, Verkehrsüberwachung: 0271 38 799 745) wie elektronisch (per E-Mail-Adresse: info@siegen-stadt.de) erreichbar. Bei den eingerichteten Mailadressen handelt es sich um sogenannte Funktionsadressen wie soziales@siegen-stadt.de. Darüber hinaus haben viele Mitarbeitende wieder eine personalisierte Mailadresse. Über Updates informiert die Stadtverwaltung außerdem weiter über die städtischen Social-Media-Kanäle Facebook, Instagram und X.